Wohnungskostenübernahme - Aktuelle Rechtsprechung

Mit einer Inhaftierung droht häufig auch der Wohnungsverlust. Das erschwert die spätere Wiedereingliederung massiv.

Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat nun in seinem Urteil vom 24. Juni 2021 (L 8 SO 50/18) den Anspruch auf Übernahme der Kosten der bisherigen, angemessenen Wohnung für die Zeit einer etwas mehr als siebenmonatigen Inhaftierung und zur Abwendung der Entstehung von Obdachlosigkeit entsprechend den §§ 67 ff. SGB XII als Pflichtleistung der Sozialhilfe bejaht.

 

Der Sozialrechtsexperte Dr. Manfred Hammel zitiert aus diesem diesem wegweisenden Urteil: Der Verlust einer Wohnung ist für eine haftentlassene Person deutlich schwerer zu kompensieren als für andere Bedürftige.Vorbeugende Leistungen zur Erhaltung einer angemessenen Unterkunft für die Zeit nach dem Freiheitsentzug können auf der Grundlage des § 15 Abs. 1 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII beansprucht werden. Dies gilt gerade dann, wenn ein Antragsteller zur Verhinderung einer drohenden Verschärfung seiner sozialen Schwierigkeiten in der Zeit nach der Haftentlassung bezogen auf seine Wohnsituation sowie in Berücksichtigung auch seiner Multimorbidität geordnete Wohnverhältnisse vorfinden sollte, die bisherige Wohnung bereits seit fast zehn Jahren bewohnt wird, die Haftdauer sich auf wenig mehr als sieben Monate beläuft sowie durch eine Räumung der bisherigen und eine Neuanmietung einer vollkommen neuen Wohnung mit einer Entstehung von Kosten in erheblicher Höhe zu rechnen ist. Ein Sozialhilfeträger darf hier nicht pauschal darauf verweisen, die §§ 67 ff. SGB XII könnten in keiner Weise zur Anwendung gelangen, weil die Haftdauer einen Zeitraum von sechs Monaten überschreitet und der Antragsteller unter gesetzlicher Betreuung (§§ 1896 ff. BGB) steht. Ein auf § 67 Satz 1 SGB XII in Verbindung mit § 68 Abs. 1 Satz 1 SGB XII, § 4 Abs. 2 DVO zu § 69 SGB XII und § 35 SGB XII gestützter Leistungsanspruch ist auf die Übernahme der während der Dauer der Haft entstandenen Kosten der bisherigen Mietwohnung gerichtet, ohne dass vom Sozialhilfeträger die Voraussetzungen einer Schuldenübernahme gemäß § 36 SGB XII zu prüfen sind, oder die Übernahme der Unterkunftskosten es erfordert, dass der Antragsteller diesen angemessenen Wohnraum tatsächlich bewohnt. Hier liegt ein atypisch gelagerter Fall vor, wo das Sozialamt vor dem Auflaufen von Mietschulden von dieser besonderen Bedarfslage rechtzeitig und ausreichend informiert war.