Update: Petition zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe

Der Kriminologe und Gründer des Strafvollzugsarchivs (www.strafvollzugsarchiv.de) Prof. Johannes Feest hat eine Petition zur Abschaffung der Ersatzfreiheitsstrafe eingereicht. Sie wurde am 29.01.2016 auf der Internetseite des Deutschen Bundestages veröffentlicht.

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages hat zum Stand der Petition nun folgendes mitgeteilt.

"Die Mitunterzeichnerfrist Ihrer öffentlichen Petition ist zwischenzeitlich abgelaufen. Es unterstützen 157 Mitunterzeichner Ihr Anliegen. Das parlamentarische Prüfverfahren wird einige Zeit in Anspruch nehmen. Ich bitte hierfür um Verständnis. Das Ergebnis der Prüfung werde ich Ihnen so bald wie möglich mitteilen und entsprechend auf der Homepage des Deutschen Bunestages im Internet veröffentlichen".

aus: www.strafvollzugsarchiv.de


Text der Petition:

Begründung


I. Das Ersetzen einer richterlich angeordneten Geldstrafe durch eine Freiheitsstrafe ist illegitimDie Freiheitsstrafe ist gegenüber der Geldstrafe die eindeutig schärfere Sanktion. Sie greift stärker in das Leben der Betroffenen ein und stigmatisiert diese nachhaltiger. Dennoch genügt nach § 43 StGB die bloße Feststellung durch den Rechtspfleger, dass die Geldstrafe "uneinbringlich" ist. Das ist auch verfassungsrechtlich problematisch, weil eine Freiheitsentziehung nur durch einen Richter angeordnet werden darf (Art. 104 Abs.2 GG).

II. Die Praxis der EFS ist darüber hinaus sozial ungerechtEmpirische Untersuchungen zeigen, dass die EFS in der Praxis überwiegend wegen Bagatelldelikten (Schwarzfahren, einfacher Diebstahl u.ä.) gegen mittellose, arbeitslose bzw. mehrfach (durch Abhängigkeit, psychische Probleme, Wohnungslosigkeit etc.) belastete Personen angeordnet wird. Diese “Bankrotterklärung des Geldstrafensystems” ist eines Sozialstaates unwürdig.

III. Die zunehmende Belastung des Strafvollzugs durch die EFS ist kontraproduktivDer Anteil der EFSer an der Gesamtzahl der verhängten Geldstrafen hat sich seit Einführung des § 43 StGB (1969) verdreifacht. Er nimmt heute 9,3 Prozent der Kapazität des Strafvollzuges in Anspruch. Der Strafvollzug wird daher zunehmend durch kriminalpolitisch unerwünschte kurze Freiheitsstrafen belastet. Die Belastung des Vollzuges geht noch über diese Zahlen hinaus, da durch die Kürze der Inhaftierung eine größere Zahl von EFSern durch die Anstalten zirkuliert und verwaltet werden muss, wobei von Vollzugsplanung oder gar Resozialisierung keine Rede sein kann.

IV. Alle Versuche die EFS zurückzudrängen sind gescheitertSeit mehr als 40 Jahren wird versucht, die Vollstreckung von EFS durch Leistung gemeinnütziger Arbeit abzuwenden. Diese Programme sind finanziell und personell aufwendig, haben aber nicht zu einer Abnahme der EFS geführt. Hauptgrund ist die hohe Zahl der “uneinbringlichen” Geldstrafen. Diese beruht darauf, dass nicht streng zwischen zahlungsunwilligen und zahlungsunfähigen Schuldnern unterschieden wird.

V. Die Behauptung der Unverzichtbarkeit der EFS ist unhaltbarDie Behauptung, dass die EFS "das Rückgrat der Geldstrafe" sei, ist eine ungeprüfte Alltagstheorie. Sie könnte nur durch Abschaffung experimentell geprüft werden, wie dies schon vor Jahren gefordert wurde. Andere Länder kommen bereits seit langem ohne diese Institution aus (Frankreich) oder haben sie in den letzten Jahren faktisch abgeschafft (Dänemark, Schweden).

VI. Die Abschaffung der EFS hätte eine Reihe wünschenswerter FolgenSie würde die Rechtspfleger dazu veranlassen, ihr zivilrechtliches Instrumentarium zur Beitreibung angeblich "uneinbringlicher" Geldstrafen besser zu nutzen. Sie würde die Strafanstalten erheblich entlasten, was zu bedeutenden Einsparungen führen würde. Die verbleibende kleine Zahl wirklich uneinbringlicher Geldstrafen verweist auf soziale Probleme, die mit anderen Mitteln bewältigt werden müssen.

Zur Unterzeichnung der Petition: epetitionen.bundestag.de/petitionen/_2016/_01/_09/Petition_63094.nc.html