Unterschriftenaktion "Aids und Haft" in Bayern

Inhaftierte verlieren zwar ihre Freiheit, aber nie ihr Recht auf Gesundheit! Die Kernprobleme und den Reformbedarf der Gesundheitsfürsorge im Vollzug thematisieren wir in der aktuellen Ausgabe unserer Fachzeitschrift Informationsdienst Straffälligenhilfe. Daran anknüpfend möchten wir auf die Unterschriftenaktion der Arbeitsgemeinschaft "Aids und Haft" in Bayern aufmerksam machen, die auf eine Verbesserung der Situation in den bayerischen Haftanstalten zielt. Die Initiatoren (Augsburger Aids-Hilfe, Aids-Hilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth, Bayrische Aids-Stiftung, Münchner Aids-Hilfe) fordern darin, dass erfolgreiche Strategien zur Vermeidung der Übertragung von HIV in Freiheit auch im Vollzug zum Einsatz kommen müssen. Die Unterschriftenliste soll am 10. Dezember 2013, dem Tag der Menschenrechte der neuen Leitung des Ministeriums für Justiz und Verbraucherschutz übergeben werden.

"In Bayern befinden sich zurzeit ca. 12.000 Gefangene in Justizvollzugsanstalten. Sie werden täglich der Gefahr ausgesetzt, sich mit HIV oder Hepatitis zu infizieren. Warum? Der Vollzug verhindert den Zugang zu möglichen Präventionsmitteln.

 

1. Ideologisch begründet und medizinisch nicht nachvollziehbar verfolgt die Bayerische Staatsregierung eine abstinenzorientierte Drogenpolitik. Diese äußert sich in Haft hauptsächlich in der Verweigerung von Substitution für suchtkranke Häftlinge. Die Entscheidungen gegen Substitution werden in Haftanstalten häufig von nicht ausreichend qualifiziertem medizinischem Personal getroffen. Das alles widerspricht den Richtlinien der deutschen Ärztekammer. Die Folge sind körperliche und psychische Schmerzen. Der dadurch erhöhte Suchtdruck und die Gefahr, illegale Drogen unter riskanten Bedingungen zu konsumieren, erhöht das Infektionsrisiko mit HIV und Hepatitis C.

2. Kondome werden an bayerische Gefangene nur über den Medizinischen oder Sozialen Dienst auf Anforderung ausgegeben. Die wenigsten Häftlinge nutzen dieses Angebot, da sie mit diesem Schritt offenbaren müssten, gleichgeschlechtliche Kontakte mit anderen Gefangenen zu haben. Die meisten verzichten daher lieber auf den wichtigen Schutz vor HIV. Durch die anonyme und kostenlose Ausgabe von Kondomen käme die Justiz ihrer Pflicht nach, die Gesundheit der Häftlinge deutlich besser zu schützen, als dies jetzt der Fall ist.

3. Illegale Drogen werden in Justizvollzugsanstalten mit unsauberen Spritzen und von mehreren suchtkranken Häftlingen gleichzeitig konsumiert. Der Vollzug ist nicht in der Lage, dies zu verhindern. Gleichzeitig hat er Angst, Spritzenvergabe an suchtkranke Gefangene zur Vermeidung von HIV und HCV einzuführen. Weltweit gibt es seit 21 Jahren Projekte in Gefängnissen, die damit gute Erfahrungen machen. Eines davon befindet sich in der JVA-Lichtenberg in Berlin. Mit den angebotenen Spritzen ist noch niemand bedroht worden. Aber sie sind ein guter Schutz vor Infektionen für Gefangene und Bedienstete gleichermaßen."

Die Unterschriftenliste wird am Tag der Menschenrechte an die/den neue/n bayerische/n Minister/in für Justiz und Verbraucherschutz übergeben.

[ Aktion zum Tag der Menschenrechte: Flugblatt ]
[ Aktion zum Tag der Menschenrechte: Unterschriftenliste ]

Weitere Informationen auf der Seite der Münchner Aidshilfe.

 Foto: Deutsche Aidshilfe