Überarbeitung des Sanktionenrechts

Der renommierte Prof. Dr. Artur Kreuzer hat sich in einer Stellungnahme zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz zur Überarbeitung des Sanktionenrechts geäußert.

 

Prof. em. Dr. Arthur Kreuzer

Justus-Liebig-Universität Gießen

05. August 2022
 

An das Bundesministerium der Justiz, Berlin, Referat II A 1

Stellungnahme

zum Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz eines Gesetzes zur Überarbeitung des Sanktionenrechts – Ersatzfreiheitsstrafe, Strafzumessung, Auflagen und Weisungen sowie Unterbringung in einer Entziehungsanstalt

Hier sei lediglich auf den Vorschlag eingegangen, die Grundsätze der Strafzumessung in § 46 StGB zu ergänzen.

Dieses Gesetzgebungsvorhaben reiht sich ein in die Kette systemwidriger, tendenziell strafrechtsausweitender und strafverschärfender Eingriffe seit 2015, denen das Bundesjustizministerium die Hand reicht. Sie müssen sich anhaltend heftige, doch berechtigte kritische Bewertungen durch Kriminalwissenschaftler gefallen lassen; so seien es „nebelwerfende Klientel- und Schaufenstergesetze“, die nicht Klarheit bewirkten, sondern das Gegenteil (Thomas Fischer), „Aktionismus“ (Oliver Harry Gerson), „panikartige Attacken der Strafgesetzgebung“ (Urs Kindhäuser). Insgesamt werden sie treffend als bloße Symbolpolitik ohne wirksamen Schutz Betroffener gerügt. Sie sehen sich überdies dem Vorwurf ausgesetzt, das Gebot wissensbasierter Kriminalpolitik, dem sich erneut  noch der letzte Koalitionsvertrag verschrieben hat, zu missachten. Die Kluft zwischen wissenschaftlicher Expertise und politischer Praxis in der Strafgesetzgebung wird immer offenkundiger. Statt Strafrecht als „ultima ratio“ zu begreifen scheint dieses Instrument mitunter zur „prima ratio“ zu mutieren; dies  in neuerlichem Drang, systemwidrig „Lückenlosigkeit“  schaffen und auf aktuelle brisante, jedenfalls politisch diskutierte Kriminalitätserscheinungen strafrechtsausweitend oder -verschärfend reagieren zu müssen. (Zu grundlegender Kritik daran vgl. schon die wiederholten, indes reaktionslos gebliebenen schriftlichen Appelle des Verf. an die jeweiligen Bundesjustizministerinnen v. 16.07.2018, 19.06.2020, 02.07.2020, 20.08.2020 – samt einem „offenen Brief eines Kriminalwissenschaftlers an Rechtspolitiker…“ v. 20.08.2020;  s. auch Verf., NK 2018 S. 151ff; Verf., in: Arndt Sinn, Hrsg., Alternative Fakten, Tübingen 2020 S. 151ff; Verf., in: KriPoZ 2020 S. 263ff.) ...

Die vollständige Stellungnahme finden Sie hier.