Stellungnahme der KAGS zur Modernisierung des Strafverfahrens

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat einen Referentenentwurf eines Gesetzes zur Modernisierung des Strafverfahrens verfasst. In einer Stellungnahme setzt sich die Katholische Bundes-Arbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe im Deutschen Caritasverband (KAGS) damit kritisch auseinander.

Positiv merkt die KAGS die Einführung eines Gerichtsdolmetschers an, die zu bundesweit einheitliche Standards führen soll. Zusammengefasst betrachtet die KAGS hingegen folgende gesetzliche Änderungen kritisch:

Die komplette Stellungnahme finden Sie hier: Stellungnahme der Katholischen Bundes-Arbeitsgemeinschaft Straffälligenhilfe

 

Art. 1 Nr. 3 - § 29 StPO-E: Vornahme unaufschiebbarer Amtshandlungen bei Besorgnis der Befangenheit:

Hierbei sieht der Referentenentwurf eine Einschränkung zur Stellung eines Befangenheitsantrags vor. Demnach soll die Durchführung der Hauptverhandlung keinen Aufschub mehr gestatten, wodurch der/die abgelehnte Richter/in bis zur Entscheidung des Antrags weiterhin an der Verhandlung mitwirkt. Ein Befangenheitsantrag wird gestellt, wenn die angeklagte Person den/die betroffene/n Richters/in wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnt. Hierbei muss ein Grund vorgebracht werden, der das Misstrauen gegen die Unparteilichkeit des/der Richter/in rechtfertigt (§ 24 Abs. 2 StPO). Begründet wird die Gesetzesänderung dahingehend, dass Befangenheitsanträge sich in der Praxis oftmals als unbegründet erweisen. Aus Sicht der KAGS ist es jedoch wichtig, dass für Angeklagte weiterhin die Möglichkeit besteht gegen staatliche Entscheidungen vorgehen zu können. Da dies das Vertrauen in den Rechtsstaat herstellt.

Die letzte Änderung des Befangenheitsrechts wurde durch das Gesetz zur effektiveren und praxistauglichen Ausgestaltung des Verfahrens vom 17.08.2017 vorgenommen. Daher weist die KAGS daraufhin, dass erstmal praktische Erfahrungen mit dem neuen Instrumentarium evaluiert werden sollten bevor neue Reformen umgesetzt werden. Weiterhin befürchtet die KAGS, dass die gesetzliche Änderung eine Verlängerung des Verfahrens zu Lasten der Beschuldigten zur Folge hat. Die KAGS bezweifelt demnach, dass die nun vorgesehene Gesetzesänderung notwendig ist.

 

 Art. 1 Nr. 6 - § 81e StPO-E (Erweiterung der DNA-Analyse):

Die Änderung des Art. 1 Nr. 6 - § 81e StPO-E soll die Untersuchung von DNA-fähigem Material unbekannter Spurenleger/innen hinsichtlich der Merkmale Augen-, Haar- und Hautfarbe sowie das biologische Alter ermöglichen. Aus Sicht der KAGS ist dies kritisch zu beurteilen, da eine solche Untersuchung als auch die Verwendung der Ergebnisse einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht bzw. das Recht auf informationelle Selbstbestimmung bedeuten würde. Gerechtfertigt ist dieser Eingriff nur, wenn ein überwiegendes Allgemeininteresse bestehe und es verhältnismäßig sei. Problematisch stelle sich die Genauigkeit der Untersuchung dar, da teilweise erhebliche Abweichungen auftreten. Somit bezweifelt die KAGS, dass die gesetzliche Änderung gerechtfertigt ist.

 

 Art. 1 Nr.13 - § 244 Abs. 3 und Abs. 6 StPO-E (Änderung des Beweisantragsrechts):

Durch die Änderung des § 244 Abs. 3 und Abs. 6 StPO-E soll eine gesetzliche Bestimmung des Begriffs des Beweisantrags erfolgen. Dadurch soll verhindert werden, dass Beweisanträge gestellt werden, die das Ziel der Prozessverschleppung beabsichtigen. Hierzu merkt die KAGS an, dass eine Änderung des Beweisantragsrechts durch Art. 3 Nr. 29 des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.19 bereits erfolgte. Aufgrund der bisher nicht erfolgten Evaluierung der Gesetzesänderung ist aus Sicht der KAGS keine erneute Änderung des Gesetzes notwendig.

 

Art. 1 Nr. 19 § 481 Abs. 1 S. 3 StPO-E (Informationsbefugnis für Bewährungshilfe/Führungsaufsicht):

Durch Art. 3 Nr. 40 des Gesetzes zur effektiveren und praxistauglicheren Ausgestaltung des Strafverfahrens vom 17.08.19 ist die Bewährungshilfe in die Verwendung personenbezogener Daten für polizeiliche Zwecke einbezogen worden. Eine Erweiterung auf die Führungsaufsicht soll nun vorgenommen werden. Die KAGS gibt zu bedenken, dass die Weitergabe von Daten der Klienten sich als schwierig erweist. Zudem hat der Gesetzgeber den Führungsstellen bereits erhebliche Rechte zugesprochen. Aus diesem Grund ist es der KAGS nicht ersichtlich, warum weitere Befugnisse eingeräumt werden. Ferner bestehe einerseits die Gefahr die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen den Beratenden und Ratsuchenden zu beeinträchtigen. Andererseits ist eine erhebliche Belastung oder Verhinderung der Zusammenarbeit zwischen Bewährungshilfe und Führungsaufsicht nicht auszuschließen. Zuletzt werde in das Recht der informellen Selbstbestimmung der Verurteilten eingegriffen.

 

Zusammenfassend ist aus Sicht der KAGS eine Strafrechtspflege nur dann effektiv, wenn auch die Grundrechtspflege gewahrt bleibt. D.h. dass die Grundrechte aller am Verfahren beteiligter Personen geschützt sind. Daher empfiehlt die KAGS eine Anhebung der Mittel, um die Funktionstüchtigkeit der Strafrechtspflege zu gewährleisten.