Resozialisierung in der JVA?

Die Frauen in der JVA Chemnitz haben sich mit dem Thema Inhaftierung beschäftigt und mit der Frage, ob Resozialisierung in einer JVA überhaupt möglich ist. Dazu haben sie einen Beitrag in der Gefangenenzeitung "HaftLeben" verfasst.

"Ist eine Resozialisierung in einer JVA möglich, wo ein Gefangener nur wenige Aspekte seines Lebens autonom entscheiden kann? Wo selbst der Alltag durch feste Abläufe vorbestimmt ist und wo auch die Besuche streng reglementiert werden? Fügt der Staat nicht so den Gefangenen eher Schaden zu? Worin besteht denn der Sinn der Strafe?". Die Autorinnen diskutieren diese Fragen aus ihrer Sicht als inhaftierte Frauen.

Strafe wird u.a. als Mittel gesehen, um Unrecht nicht einfach hinzunehmen. Die Strafe soll dem Gerechtigkeitsempfinden Ausdruck verleihen und von weiteren Normbrüchen abhalten. Mit der Strafe wird die Verletzung der Opfer anerkannt. Das Vertrauen in die Rechtsordnung soll durch Strafen wiederhergestellt werden. Täter werden in die Verantwortung genommen. Mit der Strafe soll eine Abschreckungswirkung erzielt werden. Die Frauen stellen auch die Frage nach der Menschenwürde in Haft.

"Macht dieses Gefängnissystem jemanden zu einem besseren Menschen?"

Die Autorinnen sehen eine Chance zur Resozialisierung in der Reflexion der Tat und der eigenen Verhaltensmuster sowie in einer Kombination von Therapie und einer Verbesserung der beruflichen Situation. Dem gegenüber steht die Gefahr der sozialen Isolation und gesellschaftlichen Stigmatisierung. Sie sprechen sich dafür aus, "den Behandlungsbedarf des Täters als Orientierung für die Haft zu nehmen". Den mangelnden Erfolg einer Inhaftierung sehen die Autorinnen in den zu gegensätzlichen Zielen des Resozialisierungsgedankens auf der einen und den gesellschaftlichen Funktionen von Strafe auf der anderen Seite. Die Haftkosten in Höhe von 150 Euro pro Tag seien (bei geringer und mittlerer Kriminalität) für den Steuerzahler schlecht investiertes Geld.

Sie plädieren dafür, die Haft sinnvoll zu nutzen und die Kontakte zu Angehörigen aufrecht zu erhalten. Die Autor:innen regen dazu an, Alternativen zur Haft zu entwickeln und die unterschiedlichen Strafgesetze der 16 Bundesländer zu vereinheitlichen.

Den vollständigen Artikel in der Gefangenenzeitschrift "HaftLeben" können Sie hier lesen.

 

Quelle:

HaftLeben (2022): Resozialisierung in einer JVA, geht das? Ausgabe Nr. 73, März 2022, S. 18-19