Projekte der Familienorientierung in Straffälligenhilfe und Strafvollzug

Die Arbeit mit Kindern von Inhaftierten war bei einigen Trägern der Straffälligenhilfe schon länger Teil einer ganzheitlichen Beratungs- und Hilfepraxis, andere Stellen beginnen gerade erst Angebote in diesem Bereich anzubieten oder auszubauen. In zunehmenden Maße wird die Geschäftsstelle der BAG-S über bewährte oder neu gestartete Angebote informiert. Einige davon möchten wir Ihnen hier vorstellen.

Nürnberg: Vater-Kind Gruppe

Die Vater-Kind-Gruppe des Vereins Treffpunkt e.V. besteht seit nunmehr zehn Jahren. Der Verein bietet in Kooperation mit der JVA Nürnberg eine Vater-Kind-Gruppe im Gefängnis an.  Zum 10-jährigen Jubiläum hat Treffpunkt eine Pressemappe zusammengestellt. Diese enthält eine Vielzahl an  Bildern, Zitaten und Zeitungsberichten und lädt dazu ein, die Anfänge, Entwicklungen und Reaktionen auf das Angebot kennenzulernen. Treffpunkt hat zudem zwei neuere Projekte in diesem Arbeitsfeld. TAKT und www.juki-online.de über die wir auf bag-s.de bereits berichtet hatten.

Köln: Bindungsräume und ein Kuschelbär

“Bindungsräume“ heißt ein von der BAG-S angestoßenes Projekt, bei dem in Zusammenarbeit zwischen der Alanus Hochschule für  Kunst und Gesellschaft, Morning Tears Deutschland und dem SKM und dem SKF Köln die räumlichen Bedingungen für Kinderbesuche im Gefängnis so umgestaltet werden, dass Kinder und Eltern ihre Bindung trotz Inhaftierung bestmöglichst aufrechterhalten können. Zahlreiche Einzelprojekte wurden und werden von den Studierenden derzeit umgesetzt. Spendengelder werden noch benötigt.  (betterplace.org/p20155) Im Rahmen des Projektes entwickelte Luisa Tegtmeyer, Absolventin der Hochschule, ein einfühlsames Bilderbuch. Dieses erzählt von einem kleinen Bären, dessen Vater ebenfalls eingesperrt ist und davon, wie es dem Kleinen letztlich gelingt, mit der Situation zurecht zu kommen. Den Bären aus der Geschichte bekommen die betroffenen Kinder beim ersten Besuch als Kuscheltier mit nach Hause. Außerdem weist der Bär als Zeichnung an den Wänden und in Form von Tatzenspuren auf dem Fußboden den Kindern den Weg von der Gefängnispforte bis zum Besucherraum. Das Ziel ist klar, die emotionale Belastung, die ein Knastbesuch bei jüngeren Kindern mit sich bringt, soll etwas abgefangen werden. Da der Drucklegung des Buches finanziell noch nicht sichergestellt ist, hat die Autorin ebenfalls einen Spendenlink eingerichtet. betterplace.org/p22326 Nach und nach werden wir die weiteren Ergebnisse des Gesamtprojektes "Bindungsräume" berichten. (Abbildung: Kinderbuch von Luisa Tegtmeyer)

 

Bielefeld: Kinderbesuchswege

In Bielefeld ist „Freiräume“   der  zentrale Ansprechpartner für betroffene  Kinder und Eltern. Mit dem Projekt "Kinderbesuchswege" haben sich die Kolleginnen und Kollegen mit einer kindgemäßen Ausgestaltung der Besuche im Gefängnis befasst. In der Justizvollzugsanstalt Bielefeld-Brackwede weist nun ein kleiner Rabe den Kindern den Weg und soll etwas Halt und Orientierung in der ambivalenten Besuchssituation geben. Der schwarze Rabe taucht an zahlreichen Orten auf – er hockt auf  dem Tresen, sein Bild klebt an den Türen und er zeigt wo es über den Anstaltshof geht. Außerdem wurden Kinderstühle, Sitzkissen, Kuscheldecken und ein Spieleteppich angeschafft. Gardinen und verschiedene Deko-Elemente lassen den Wartebereich am JVA-Eingang sowie den vorhandenen Wickelraum freundlicher erscheinen. Auch die Kinder wurden in die Umgestaltung einbezogen und steuerten selbstgemalte Bilder und Dekorationen bei. (Foto: Diakonie Bielefeld Freiräume - für Kinder und ihre inhaftierten Eltern)  

 

Hamburg: Vater-Kind Projekt

Am 15.10.2014 startete in der JVA Hamburg-Billwerder die erste Väter-Kinder-Gruppe, die der Hamburger Fürsorgeverein von 1948 e.V. während der neunmonatigen Erprobungsphase in Kooperation mit der Anstalt durchführt. Sie ist als feste Gruppe mit laufender Einstiegsmöglichkeit konzipiert. Die Mütter halten sich  - ggf. mit ihren Kleinkindern -  während der Gruppenzeit zusammen in einem Nebenraum in der Anstalt auf. Eine hauptamtliche und eine ehrenamtliche Mitarbeiterin stehen als Ansprechpartnerinnen zur Verfügung.  Zu einem späteren Zeitpunkt ist angedacht, auch die Mütter in die Gruppenarbeit zu integrieren. Die Notwendigkeit eines „familienbezogenenÜbergangsmanagements“ wird betont. Die haftentlassenen Eltern und deren Familienmitglieder können daher auf ein Beratungsangebot der Angehörigenhilfe des Fürsorgevereins zurückgreifen.