(K)ein Landesresozialisierungsgesetz in Bayern?

Fünf führende Kriminologen hatten vier Jahre lang an einem kriminalpolitischen Pendant zu den Strafvollzugsgesetzen der Länder gearbeitet. Die Aufgabenstellung lautete: Wie lassen sich nichtfreiheitsentziehende Maßnahmen und Hilfen für straffällig gewordene Menschen und ihre Angehörigen auf Landesebene weiterentwickeln, verknüpfen und flächen- bzw. bedarfsdeckend organisieren?

Seitdem die Arbeitsergebnisse der Hochschullehrer 2015 publiziert wurden, wird in der justiziellen und freien Straffälligenhilfe intensiv über die Umsetzungsmöglichkeiten gestritten. Einige Länder wie Baden-Württemberg, Brandenburg, Hamburg und Niedersachsen befassen sich bereits konkreter mit der Frage, wieweit die Anregungen aus dem „Diskussionsentwurf´“ Eingang in die Weiterentwicklung der Strafrechtspflege finden können, bzw. haben - wie das Saarland - bereits einiges verwirklicht.  
Vor diesem Hintergrund hatte die Freie Wohlfahrtspflege, Bereich Straffälligenhilfe am 20. Juli 2016 nach Nürnberg zur Diskussion eingeladen: „Braucht auch Bayern ein eigenes Resozialisierungsgesetz?“

Diese Frage kann Prof. Dr. Heinz Cornel, wichtiger Mitautor des Diskussionsentwurfs, eindeutig mit „ja“ beantworten. Das Konzept sei keine Utopie, vielmehr ein praxisnaher Entwurf, der geeignet sei, die Wiedereingliederungschancen straffällig gewordener Menschen substanziell zu verbessern. Vieles, was in der Straffälligenhilfe in den letzten Jahrzehnten an wirksamen Instrumenten entwickelt wurde, könnte durch ein Gesetz miteinander verbunden und zu einem verbindlichen Versorgungsnetz verknüpft werden. Es komme darauf an, die Hilfen für alle, die sie benötigen, verfügbar zu machen, und zwar unabhängig davon, ob sie in den Ballungszentren oder der Provinz wohnten. Cornel setzte sich in diesem Zusammenhang besonders für regionale „soziale Integrationszentren“ ein.

Solchen Gedanken erteilte Prof. Dr. Frank Arloth, Amtschef im Bayerischen Justizministerium eine klare Absage. Er könne in Bayern keine Regelungslücke erkennen, die durch ein weiteres Gesetz geschlossen werden müsse. Vieles sei durch die acht Zentralstellen der Straffälligenhilfe und zahlreiche Modellprojekte abgedeckt. Durch die Umsetzung eines Resozialisierungsgesetzes würde eine teure, neue Behördenstruktur geschaffen. Es sei absehbar, dass die damit verbundenen Verwaltungs- und Dokumentationskosten die Finanzierung der eigentlichen Aufgaben erschweren würde. Das sahen die Zuhörer – fast alle waren Mitarbeiter von Trägern der Freien Straffälligenhilfe – freilich anders.

Fazit der Veranstaltung: Es wird in Bayern vermutlich nicht so schnell zur Implementierung eines eigenständigen Resozialisierungsgesetzes kommen. Aber zumindest ist man im Gespräch, wenn auch nicht mit allen Partnern. Kolleginnen und Kollegen aus der Bewährungshilfe oder dem Vollzug hatten sich leider nicht zur Tagung angemeldet.