Dänemark macht es vor: Kinderbeauftragte sorgen für familiengerechtere Haftbedingungen

„Wenn ich Ministerpräsidentin wäre, würde ich bestimmen, dass wir im Gefängnis zusammen essen und für ein paar Stunden so tun könnten, als wären wir eine ganz normale Familie.“ Dieser Satz von Shilas aus Dänemark zeugt von der Sehnsucht nach Normalität und Familienleben, den viele Kinder von Inhaftierten haben. In Dänemark wurde nun in einem Modellprojekt gezeigt, wie Kinderbeauftragte in Gefängnissen die familiäre Situation dieser Kinder verbessern können.

Das dänische Institut für Menschenrechte hat in einem zweijährigen Projekt in den Jahren 2010-2011 in vier Haftanstalten erprobt, wie der Kontakt zwischen inhaftierten Eltern und ihren Kindern verbessert werden kann. Dafür wurden aus den Reihen des Personals so genannte Kinderbeauftragte ernannt, die unter anderem in Kinderrechten geschult wurden. Nach Absprache mit der Leitung der Einrichtungen erprobten sie verschiedene Maßnahmen, um Kindern und ihren inhaftierten Eltern einen besseren Kontakt und Nähe zu ermöglichen.

Dazu gehörte zu allererst Sensibilität für die Situation der Kinder und Respekt vor deren Rechten. So wurden alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Einrichtung über die Situation der Kinder informiert, über deren unangenehme Erfahrungen bei Besuchen in der Haftanstalt, ihre Bedürfnisse und Rechte. Kinder, das war das Ziel, sollten mit einem Gefühl der Sicherheit und Gelöstheit das Gefängnis besuchen und mit ihren Eltern eine fast ‚normale‘ Zeit verleben können. Aus dieser Perspektive haben die Haftanstalten kinder- und familienfreundliche Maßnahmen eingeführt:

  • Man legte ein Augenmerk darauf, wie das Personal Besuchskinder in Empfang nimmt.
  • Man schaffte eine geeignete kinderfreundliche Einrichtung, Möblierung, Dekoration und eine große Auswahl an Kinderspielzeug für verschiedene Altersgruppen an.
  • In der staatlichen Vollzugsanstalt bei Horserød wurden neue Besucherzimmer für Familien eingerichtet. Im Untersuchungsgefängnis in Vejle wurde der Eingangsbereich renoviert, durch den auch die Besucher das Gebäude betreten. Darüber hinaus wurde die Möglichkeit geprüft, ob Kinder ihre inhaftierten Eltern in deren eigenen Zimmer bzw. Zellen besuchen dürfen.
  • Es wurden für die Besuchszimmer Fotoalben mit Bildern der Bereiche der Einrichtung gestaltet, zu denen die Besucher keinen Zugang haben. Außerdem gibt es jetzt Informationsbroschüren für Besuchskinder. Die Häftlinge haben auch Gutenachtgeschichten für ihre Kinder auf CD aufgenommen, und man hat Veranstaltungen für die Kinder der Häftlinge angeboten.

Auch für die inhaftierten und nicht inhaftierten Eltern wurden Unterstützungsangebote geschaffen:

  • Die Einrichtungen haben daran gearbeitet, dass sie in ständigem Kontakt mit dem inhaftierten Elternteil sind und für Fragen zur Verfügung stehen, die die Inhaftierten zu den Regeln haben, die für den Kontakt zu ihren Kindern gelten.
  • Einige Einrichtungen haben sogenannte Kindergruppen oder Besuchsausschüsse für inhaftierte Eltern gegründet, die neue Regeln zum Nutzen der Kinder der Inhaftierten ausgehandelt haben.
  • Die staatliche Haftanstalt bei Horserød und das Untersuchungsgefängnis in Vejle haben Gesprächsgruppen für inhaftierte Eltern eingerichtet, in denen diese Erfahrungen darüber austauschen können, wie man seine Elternrolle während der Haftzeit, als Freigänger oder Haftentlassener wahrnehmen kann.

Insgesamt hat sich der Einsatz von Kinderbeauftragten als gute Möglichkeit erwiesen, die Kontakte zwischen den Kindern und ihren Eltern, aber auch zu den Strafvollzugsanstalten mit relativ geringem Aufwand zu verbessern.

Vor dem Hintergrund der positiven Ergebnisse des Projekts empfiehlt das dänische Institut für Menschenrechte, eine landesweite Regelung für die Einrichtung von Kinderbeauftragten in allen Strafvollzugseinrichtungen einzuführen. Gleichzeitig regt das Institut an, das Thema auf internationaler Ebene zu diskutieren. Vor allem Schweden und Norwegen haben Erfahrungen gesammelt, die auch anderswo interessant sein können. Die BAG-S setzt diese Empfehlung direkt um:

 

Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V. (2012): Dänemark macht es vor: Kinderbeauftragte sorgen für familiengerechtere Haftbedingungen