Arbeitnehmer-Rechte für Gefangene

Die Evangelische Konferenz für Straffälligenhilfe (EKS) übt Kritik an der Bundesagentur für Arbeit. In einer Pressemitteilung beanstandet Sie richtigerweise den erschwerten Bezug von Arbeitslosengeld für Strafgefangene. Hintergrund ist, dass die Arbeitsagentur arbeitsfreie Samstage, Sonntage und Feiertage innerhalb eines Beschäftigungszeitraums nicht mehr zur Versicherungszeit zählt. Dies hat zur Folge, dass ehemalige Gefangene geschätzte 17,5 Monate statt 12 Monate arbeiten müssen, um einen Anspruch auf die Zahlung von ALG I zu haben.

Pressemitteilung der Evangelischen Konferenz für Straffälligenhilfe (EKS)

 

Keine Schlechterstellung von Strafgefangenen bei Arbeitslosenversicherung

Evangelische Konferenz für Straffälligenhilfe unterstützt Forderung der Justizministerkonferenz

„Die Schlechterstellung des Justizvollzugs und insbesondere der arbeitenden Strafgefangenen ist weder nachvollziehbar noch hinnehmbar.“ Mit diesen Worten fasste der Vorsitzende Prof. Dr. Karl Heinrich Schäfer das Ergebnis der aktuellen Beratungen des Vorstands der Evangelischen Konferenz für Straffälligenhilfe über die geänderte Rechtsauffassung der Bundesagentur für Arbeit (BfA) zum Anspruch von arbeitenden Strafgefangenen auf Arbeitslosengeld zusammen.

Die Vorschriften über die Versicherungspflicht der Gefangenen in der Arbeitslosenversicherung gelten seit Einbeziehung der Gefangenen in das Arbeitsförderungsrecht seit über 35 Jahren sachlich unverändert. Gleichwohl hat die BfA nunmehr die Auffassung vertreten, arbeitsfreie Samstage, Sonntage und gesetzliche Wochenfeiertage, die innerhalb eines zusammenhängenden Beschäftigungszeitraums liegen, könnten im Gegensatz zur bisherigen Praxis nicht mehr zur Versicherungszeit gezählt werden.

Die geänderte Rechtsauffassung der BfA hat gravierende Auswirkungen auf die Arbeitslosenversicherung der Gefangenen. Um innerhalb der Rahmenfrist von zwei Jahren den Zwölf-Monatszeitraum zu erfüllen, muss ein Gefangener an 360 Tagen arbeiten, an denen Beiträge zur Arbeitslosenversicherung abgeführt werden. Da arbeitsfreie Samstage, Sonntage und gesetzliche Wochenfeiertage nicht mehr als Versicherungszeit berücksichtigt werden, muss ein Gefangener bei 250 Arbeitstagen im Jahr statt 1 Jahr nun 5,5 Monate (110 Arbeitstage) länger arbeiten.

Der Vorsitzende bezog sich mit seiner Kritik und Forderung auf die bisher ergebnislosen Bemühungen des Strafvollzugsausschusses der Länder und auch der Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister, die BfA zur Aufgabe ihrer neuen Rechtsauffassung zu bewegen. Auch eine Intervention der Bundesjustizministerin blieb ohne Erfolg. Die Bundesministerin für Arbeit und Soziales teilte im Februar 2013 mit, dass die neue Auffassung der BfA aus ihrer Sicht nicht zu beanstanden sei.

Die Evangelische Konferenz für Straffälligenhilfe sieht für eine Änderung der Anwartschaftszeiten zur Arbeitslosenversicherung der Gefangenen weder einen Anlass noch eine Rechtsgrundlage. Sie teilt die Rechtsauffassung der für den Strafvollzug verantwortlichen Landesministerien und unterstützt nachdrücklich deren einmütige Forderungen nach einer Gleichbehandlung der Strafgefangenen.

„Wir wissen es zu schätzen, dass die Arbeit der evangelischen Straffälligenhilfe auch von den politisch Verantwortlichen in Land und Kommune gewürdigt wird“, betonte der Vorsitzende der Evangelischen Konferenz, Karl Heinrich Schäfer. Aus diesem Grund habe man sich in einer Angelegenheit von grundlegender Bedeutung im Strafvollzug jetzt deutlich zu Wort gemeldet.

„Wir haben kein Verständnis dafür, dass ohne ausreichende Diskussion und Beteiligung der Verantwortlichen von der BfA einseitig ein wichtiger inhaltlicher Grundkonsens rechts- und sozialstaatlicher Gestaltung des deutschen Strafvollzugs aufgekündigt wird“, so der Vorsitzende abschließend.

 

Pressemitteilung: Berlin, den 11. Juli 2012

Pressemitteilung als PDF

 

Verantwortlich: Prof. Dr. Karl Heinrich Schäfer, Vorsitzender. Obergasse 73, 65207 Wl-Naurod, Tel. 06127 62331 E-Mail: k.h.schaefer@t-online.de

Hintergrund: Evangelische Konferenz für Straffälligenhilfe (EKS)

Die EKS fasst die Arbeit von evangelischen Organisationen und Einrichtungen zusammen, die im Bereich der Straffälligen-, Gefangenen- und Haftentlassenenhilfe tätig sind. Sie betätigt sich als Lebens- und Wesensäußerung der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) im Sinne evangelischer Diakonie und in praktischer Ausübung christlicher Nächstenliebe. Mitglieder der Konferenz sind die Diakonischen Werke der Gliedkirchen und evangelischen Einrichtungen und Dienste im genannten Bereich auf Bundesebene. Die EKS ist als Fachverband dem Evangelischen Werk für Diakonie und Entwicklung (EWDE) angeschlossen.

 

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Die BAG-S wird sich dem Thema in ihrem Schwerpunktheft des Informationsdienstes Straffälligenhilfe (3/2013) zu "Arbeit und Arbeitsentlohnung - Würde und Wertschätzung" intensiv annehmen.