Antwort zu BAG-S Wahlforderungen

Die BAG-S hat ihre Wahlforderungen an verschiedene Parteien geschickt und diese gebeten dazu Stellung zu nehmen. Lesen Sie hier das Antwortschreiben der Partei DIE LINKE.

 

Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen Dank für Ihr Schreiben vom 10. Juni 2021.

Als LINKE teilen wir die Einschätzung, dass straffällig gewordene Menschen und ihre Angehörigen in vielerlei Hinsicht eine vulnerable Gruppe darstellen, für die Unterstützungs- und Reintegrationsangebote notwendig sind und ausgebaut werden müssen.

Deswegen haben wir auch in der letzten Legislaturperiode den Antrag „Wiedereingliederung fördern - Gefangene in die Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung einbeziehen“ (Bundestagsdrucksache 18/2606) eingebracht und setzen uns weiter für dieses Anliegen ein.

In dieser parlamentarischen Initiative greifen wir auch Ihre Vorschläge auf, indem wir fordern, dass Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in die gesetzliche Rentenversicherung und in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung einbezogen werden, dass die im Strafvollzug geleistete Arbeit in der gesetzlichen Rentenversicherung und der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung paritätisch beitragspflichtig und anspruchsbegründend wird und dass Strafgefangene und Sicherungsverwahrte mit Gelegenheit zur Berufsausbildung, zu beruflicher Weiterbildung und anderen ausbildenden oder weiterbildenden Maßnahmen als im Sinne des § 1 Satz 1 Nummer 1 SGB VI gegen Arbeitsentgelt oder zur Berufsausbildung Beschäftigte gelten.
Außerdem möchten wir, dass die Zeit des Strafvollzugs und der Sicherungsverwahrung von Gefangenen, die aus unterschiedlichen Gründen keiner Arbeit nachgegangen sind, als rentenrechtliche Zeit gewertet wird, so dass nach Erfüllen der allgemeinen Wartezeit der Anspruch auf Erwerbsminderungsrente aufrechterhalten bleibt und dass die Zeit des Strafvollzugs bei der 35-jährigen Wartezeit nach § 51 Absatz 3 SGB VI berücksichtigt wird.

Die Förderung von Strafgefangenen mit dem Ziel einer echten Perspektive auf dem Arbeitsmarkt ist wichtig, damit Reintegration gelingen kann. Zwang und eine Pflicht zur Arbeit während der Haft lehnen wir allerdings ab. Gefangene sollten zudem noch in Haft frühzeitig und umfassend über Ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit der Krankenversicherung und ihrer Entlassung informiert werden, damit sie über Möglichkeiten der Weiterversicherung informiert sind und entsprechend nötige Entscheidungen treffen können.

Die LINKE spricht sich zudem ebenfalls dafür aus, dass eine Wohnungslosigkeit nach Haft unbedingt zu vermeiden ist und es schon in Haft frühzeitig vor der Entlassung Unterstützungsangebote für die Wohnungssuche und für die Stellung von Anträgen auf Mietkostenübernahme erfolgen. Das ist ebenso wie die vorherigen Vorschläge sehr wichtig, damit eine Reintegration gelingen kann und keine erneute Straffälligkeit begünstigt wird.

Auch Ihre Forderung unter 1. Nach einer Evaluation und Überprüfung der Ersatzfreiheitsstrafe unterstützen wir.
Wir sind aus kriminalpolitischen und aus Gerechtigkeitsgesichtspunkten sogar zu der Überzeugung gekommen, dass die Ersatzfreiheitsstrafe abgeschafft gehört. Die eigentlich ausgeurteilte von der Richterin*/dem Richter* als schuldangemessen befundene Geldstrafe wird bei der Ersatzfreiheitsstrafe ohne richterliche Mitwirkung in eine Freiheitsstrafe umgewandelt.
Das führt häufig zu kurzen Freiheitsstrafen, die in der kriminologischen Forschung überwiegend als resozialisierungsfeindlich und kontraproduktiv bewertet werden und zum Teil "kriminelle Karrieren" befördern. Zudem sind häufig ärmere Menschen und Menschen in sozialen und psychischen Problemlagen von Ersatzfreiheitsstrafen betroffen, die sogenannte Bagatelldelikte wie beispielsweise das Fahren ohne Fahrschein begangen haben.
Daher hat DIE LINKE im Bundestag einen Gesetzentwurf zur Abschaffung der Freiheitsstrafe in dieser Legislaturperiode eingebracht (Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Strafgesetzbuchs und weiterer Gesetze – Aufhebung der Ersatzfreiheitsstrafe, Bundestagsdrucksache 19/1689), der aber leider keine Mehrheit fand.

Wir werden uns dennoch weiter für dieses und die zuvor genannten gemeinsamen Anliegen stark machen!

Mit freundlichen Grüßen
Jan Korte

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Die Wahlforderungen der BAG-S finden Sie hier.