Antwort zu BAG-S Wahlforderungen

Die BAG-S hat ihre Wahlforderungen an verschiedene Parteien geschickt und diese gebeten dazu Stellung zu nehmen. Lesen Sie hier das Antwortschreiben der Partei Bündnis 90/Die Grünen.

 

Antworten auf die Wahlprüfsteine von Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e. V. anlässlich der Bundestagswahl 2021

1. Ersatzfreiheitsstrafe überprüfen. Neben Alternativen wie der Möglichkeit zur gemeinnützigen Arbeit muss das Gericht die Tagessatzhöhe an die individuellen und finanziellen Bedürfnisse der Betroffenen anpassen.

Wir GRÜNE fordern strafrechtliche Sanktionen mit Vernunft und Augenmaß. Und wir wollen die Wirkungen der Straf-und Strafverfahrensrechts-Änderungen der letzten Jahre anhand des Maßstabs rationaler, faktenbasierter Kriminalpolitik überprüfen und  das Sanktionensystem mit dem Ziel von Prävention und Resozialisierung reformieren. Dazu gehören Verzicht auf nutzlose Ersatzfreiheitsstrafen, größere Wirksamkeit von Bewährungsauflagen und Stärkung von ambulanten Sanktionsmöglichkeiten.

2. Wohnen ist ein Menschenrecht. Bezahlbarer angemessener Wohnraum muss für alle verfügbar sein. Daher hat der Staat die Verfügbarkeit von angemessenem, bezahlbarem Wohnraum sicherzustellen, insbesondere für bedürftige und benachteiligte Personen wie straffällig gewordene Menschen.

Ja. Wohnen ist ein Menschenrecht. Alle Menschen brauchen angemessenen Wohnraum. Aber es wird immer schwieriger, überhaupt Wohnungen zu finden. Die Mieten und Immobilienpreise steigen vielerorts immer noch weiter. Viele Städte brauchen eine Neuausrichtung hin zu einem gemeinwohlorientierten Wohnungsmarkt. Deshalb gilt es zu handeln, damit niemand in Bedrängnis gerät, seine Wohnung zu verlieren oder keine zu bekommen, sondern alle Menschen gut und sicher wohnen können. Wir GRÜNE wollen das Recht auf Wohnen ins Grundgesetz aufnehmen. Außerdem wollen wir ein Nationales Aktionsprogramm zur Vermeidung und Bewältigung von Wohnungs- und Obdachlosigkeit auflegen. Dabei ist der Housing-First-Ansatz ein zentraler Baustein. Kein Mensch soll ohne Obdach und eine dauerhafte würdevolle Unterbringung sein. Zudem werden wir die Mittel für den sozialen Wohnungsbau verdoppeln und mit unserem Konzept der "Neuen Wohnungsgemeinnützigkeit" 1 Million günstige Wohnungen zusätzlich in den nächsten 10 Jahren schaffen.

3. Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen

Wir GRÜNE wollen Strafgefangene und Sicherungsverwahrte in die gesetzliche Rentenversicherung einbeziehen und haben dazu einen Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht (19/8234). Derzeit sind die Menschen in den Haftanstalten trotz Erwerbsarbeit weder kranken-, pflege noch rentenversichert. Dass ein entsprechendes Bundesgesetz bislang nicht zustande kam, ist dem Widerstand der Länder geschuldet. Für die Strafgefangenen und Sicherheitsverwahrten ist das ein Problem. Denn neben Einbußen bei der Rentenhöhe scheitert die Wahrnehmung von Rentenansprüchen oft an der Nichterfüllung von Wartezeiten, die in der gesetzlichen Rentenversicherung gelten. Durch den Ausschluss aus der Rentenversicherung kann z.B. die Anwartschaft auf eine Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit wegen der Nichterfüllung der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen verloren gehen.

4. Teilhabechancengesetz: Eine Zielgruppenerweiterung auf straffällig gewordene Menschen ist daher dringend geboten, damit auch sie eine reelle Chance auf eine Wiedereingliederung in die Gesellschaft haben.

Grundsätzlich besteht beim sozialen Arbeitsmarkt, der im Teilhabechancengesetz geregelt ist, kein Unterschied zwischen straffällig gewordenen Menschen und anderen. Das halten wir auch für sachgerecht. Dessen ungeachtet wollen wir GRÜNE die Zugänge zum sozialen Arbeitsmarkt für alle Langzeitarbeitslose erleichtern. Damit wollen wir Menschen, die vorerst keine realistische Perspektive auf einen Job am ersten Arbeitsmarkt haben, ermöglichen, auf fairer Basis am Arbeitsleben teilzunehmen. Außerdem wollen wir den Sozialen Arbeitsmarkt, den die bisherige Koalition im Jahr 2024 auslaufen lassen will, entfristen.

5. Beitragsschulden bei der Gesetzlichen Krankenversicherung während Inhaftierung vermeiden. Siehe obligatorische Anschlussversicherung

Nach geltender Rechtslage ruht während einer Inhaftierung die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung. Aus der Sicht von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sollten die zuständigen Behörden den Krankenkassen auf Wunsch der Inhaftierten mitteilen, dass die Mitgliedschaft in der Krankenversicherung unterbrochen ist. So kann verhindert werden, dass Beitragsschulden überhaupt auflaufen. Sinnvoll wäre darüber hinaus auch eine rückwirkende Annullierung von Beitragsschulden, die ggf. wegen einer unterbliebenen Information an die Krankenkassen während der Zeit der Inhaftierung aufgelaufen sind. Es wäre fatal, wenn Inhaftierte nach ihrer Entlassung aus der Haft wegen möglicher Beitragsschulden nur einen eingeschränkten Krankenversicherungsschutz haben.

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Hier können Sie das Antwortschreiben als PDF-Datei einsehen.

Die Wahlforderungen der BAG-S können Sie hier lesen.