Änderung des Zeugnisverweigerungsrechts auch für Sozialarbeiter*innen bei freien Trägern

Im Dezember 2019 wurde eine Petition gestartet, dass Sozialarbeiter*innen freier Träger ebenfalls ein Zeugnisverweigerungsrecht zustehen sollte. Derzeit sieht die Strafprozessordnung nach § 53 Abs. 1 Satz 1 Nummer 3b vor, dass ein Zeugnisverweigerungsrecht nur von Sozialarbeiter*innen staatlich anerkannter Schwangerschaftskonflikt- und Suchtberatungsstellen eingefordert werden kann.

Begründet wird die Gleichstellung folgendermaßen:

„1. Sie schafft gleiche Bedingungen: Die weitgehende Befreiung staatlicher

Bediensteter von der Zeugnispflicht gegenüber dem Zwang zur Zeugenaussage und

zur Zerstörung des Vertrauens bei freien Trägern verstößt gegen das Willkürverbot

(Papenheim in: Lehmann, Recht sozial 2006, 285 ff.).

 

2. Sozialarbeiter*innen unterliegen gemäß § 203 Abs. 1 Nr. 6 StGB der

strafrechtlichen Schweigepflicht. Das bisherige lückenhafte ZVR stellt insoweit

einen Wertungswiderspruch dar (vgl. BT-Drucks. 19/4371, 2)

 

3. Der Beschluss des BVerfG zum ZVR aus dem Jahr 1972 (BVerfGE 33, 374) ist

veraltet, entspricht in mehrerer Hinsicht nicht mehr der Berufswirklichkeit (vgl.

Schruth / Simon, Strafprozessualer Reformbedarf, 2018, 35 ff.).

 

4. Rechtsvergleichend fällt auf, dass in Österreich gem. § 157 Abs. 1 Nr. 3 StPO u.a.

auch „Mitarbeiter anerkannter Einrichtungen zur sozialen Beratung und Betreuung

über das, was ihnen in dieser Eigenschaft bekannt geworden ist“ mit einem ZVR

ausgestattet sind. Dies zeigt auf, dass ein vervollständigtes ZVR sinnvoll realisierbar

ist.

5. Aus dem lückenhaften ZVR für die Soziale Arbeit in Deutschland resultieren

konkrete Praxisprobleme, namentlich in Form anhaltender Belastungen von

Fachkräften schon bei leichten Delikten, langen Verfahren und existenziellen

Bedrohungen bis hin zum Vorwurf der Beihilfe zu einer Straftat und der

staatsanwaltschaftliche Vorladung von Mitarbeiter *innen (vgl. Schruth/ Simon,

a.a.O., 48 ff.).

 

6. Befunde zu Lebenslauf, Ablauf, Ursachen und Lehren bzgl. von

Gesetzesverstößen stehen dem unantastbaren Bereich privater Lebensgestaltung

sogar noch näher als medizinische Feststellungen und sind deswegen stärker von Art.

2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschützt (vgl. BVerfG NJW 1993, 2365). § 53

Abs. 1 StPO sollte an diese verfassungsrechtliche Wertung angepasst werden.“

 

Die Petition finden Sie hier.