Der DBH - Fachverband für Soziale Arbeit, Strafrecht und Kriminalpolitik hat eine Stellungnahme verfasst. Die Präsidentin Prof. Dr. Kirstin Drenkhahn bezeichnet die Streichung der Förderungen von TOA-Fachstellen in freier Trägerschaft als eine Zerstörung historisch gewachsener Einrichtungen und Angebotsstrukturen. Sie betont den Gewinn für NRW durch die Arbeit der freien Träger:
„Eine Demokratie lebt von ihrer Zivilgesellschaft – der Förderung der Vielfalt und Innovation. Freie Träger zeichnen sich aus durch die Möglichkeit eines flexibleren und bedarfsgerechteren Umgangs mit den lokalen Gegebenheiten und individuellen Bedürfnissen der Bürger:innen. Besonders gilt dies in Zusammenhang mit strafrechtlich relevanten Konflikten und Verletzungen. Ein solches Potenzial zu erkennen und zu fördern, entlastet nicht nur öffentliche Träger, sondern ergänzt und bereichert ihre Arbeit im Sinne aller Betroffenen. Das bisher von Heterogenität lebende und sich bewährte TOA-Angebot in Nordrhein-Westfalen erfährt aus fachlicher Sicht einen problematischen Rückschritt.“
Die Leiterin der Fachstelle für TOA und Konfliktregelung im Landgerichtsbezirk Duisburg, Frau Dr. Silke M. Fiedler, nimmt in ihrer Stellungnahme ausführlich Stellung zur Begründung des Ministeriums der Justiz. Dieses hatte die Kürzungen unter anderem damit begründet, dass sinkende Fallzahlen dazu führen, "dass das Programm isoliert nicht mehr tragfähig" sei (siehe Antwort des Ministeriums).Frau Dr. Fiedler stellt demgegenüber fest, dass die vom Land in den letzten Jahren verschärften Finanzierungsbedingungen bereits zu einer Reihe von Schließungen von Fachstellen für TOA geführt haben. Dadurch sei eine wirtschaftlich und personell angemessene Unterhaltung der Fachstellen nahezu unmöglich geworden. Sie weist weiter darauf hin, dass die Zuweisungen in Duisburg in 2024 deutlich angestiegen sind.
Frau Dr. Fiedler äußert zudem Bedenken hinsichtlich der vom Land geplanten Neustrukturierung der Straffälligenhilfe. Diese sieht die Schaffung von sogenannten "Resozialisierungszentren" vor. Sie kritisiert, dass die freie Straffälligenhilfe bei der Entwicklung dieses Vorhabens nicht einbezogen wurde, obwohl die Finanzierung bereits beschlossen ist. Als Ergebnis stellt sie fest, dass die "Zerstörung der jahrzehntelang gewachsenen Strukturen der freien Straffälligenhilfe" droht, und präsentiert stattdessen einen alternativen Lösungsvorschlag.
Stellungnahme Dr. Silke M. Fiedler
Auch die Landesarbeitsgemeinschaft des ambulanten Sozialen Dienstes der Justiz NRW weist auf die negativen Konsequenzen der geplanten Kürzungen hin. Die freie Straffälligenhilfe leistet durch ihre Arbeit "nicht nur aktiven Opferschutz, sondern auch einen wesentlichen Beitrag zur Resozialisierung und damit zur Verhinderung von neuer Straffälligkeit und daraus entstehender Folgekosten. Aus unserer Sicht ist dies nicht nur im Interesse unserer Klientel, sondern auch ein bedeutender Beitrag für die öffentliche Sicherheit."
Die freie Straffälligenhilfe spielt eine zentrale Rolle bei der Bewältigung sozialer und wirtschaftlicher Herausforderungen straffällig gewordener Menschen. Eine Kürzung der freien Träger würde zudem zu einer deutlichen Belastung der Sozialen Dienste führen, was deren personelle Ressourcen übersteigen würde.
Die LAG des ASD unterstreicht, "dass die freie Straffälligenhilfe ein wesentlicher Bestandteil eines funktionierenden Justiz- und Sozialsystems ist."
Hier finden Sie auch den Offenen Brief der BAG-S an den Justizminister in NRW Herrn Dr. Limbach.
Die Freie Wohlfahrtspflege NRW ruft zu einer Kundgebung am 13. November vorm Düsseldorfer Landtag auf.