Forschungsteilprojekt zur HIV Ansteckungsrate in Gefängnissen

Infektionskrankheiten sind unter Gefangenen überdurchschnittlich häufig verbreitet. Gefängnisse gelten als Katalysatoren für die Übertragung von HIV/AIDS und Hepatitis C. Oft geht dieses Problem mit der Drogenabhängigkeit der Häftlinge einher.

Deshalb untersucht Professor Heino Stöver, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Suchtforschung (ISFF) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), mit seinem Team seit längerem so genannte Harm-Reduction-Ansätze in Gefängnissen. Das Forschungsteilprojekt „Harm reduction and continuity of care in prisons“ des ISFF ist eines von acht Arbeitspaketen des Projekts „The Joint Action on HIV and Co-infection Prevention and Harm Reduction (HA-REACT)“ der Europäischen Union.

Für Stöver ist der Harm-Reduction-Ansatz insbesondere in den Gefängnissen das Mittel der Wahl: „Harm Reduction ist der pragmatischste Ansatz gerade im Bereich der Drogenabhängigkeit, weil dieses Verhalten nicht über Nacht verändert werden bzw. aufgegeben werden kann. Bis zur Aufgabe des Verhaltens braucht es Zeit und bis dahin muss der Mensch ohne weitere gesundheitliche Schäden überleben können. Wir versuchen deshalb State-of-the-art-Methoden der HIV/AIDS- und Hepatitis C-Prävention in den Gefängnissen zu etablieren.“

Eine Situationsanalyse der einzelnen Länder der EU soll zeigen, wo welcher Handlungsbedarf besteht. Zudem ist das Projekt so angelegt, dass Maßnahmen, die in einzelnen Ländern getestet werden, auf die anderen EU-Länder übertragen werden können.
Zu den Hintergründen des Projekts sagt Stöver: „Unser Projekt ist Teil eines JOINT ACTION-Projekts der EU-Kommission. Solche Programme werden immer dann bei (Gesundheits-)Problemen aufgelegt, wenn kurzfristig und schnell Lösungen für ein Problem generiert werden sollen. In unserem Fall bereiten die (wieder) zunehmenden HIV-Infektionsraten in Europa der EU Sorge und erfordern schnelles Handeln.“

Derzeit arbeiten Stöver und sein Team an der Umsetzung von Maßnahmen für Personen in Haft, wie beispielsweise der Kondomvergabe in einem Pilotprojekt.  In einem tschechischen Gefängnis wird erprobt, ob sich die Vergabe positiv auf die Ansteckungsrate auswirkt. Des Weiteren werden E-Learning-Tools für schadensminimierende Ansätze, die Gefängnisangestellten als Lerntools dienen, entwickelt. In Polen werden Konferenzen und Trainingsprogramme für Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegepersonal in Gefängnissen vorbereitet, um für Harm-Reduction-Ansätze und deren Anwendung zu werden. Darüber hinaus wird Informationsmaterial für die Gefangenen und diejenigen, die mit den Gefangenen arbeiten, zusammengestellt.

In Studien konnten die Forscher bereits nachweisen, dass Infektionskrankheiten unter Gefangenen überdurchschnittlich häufig verbreitet sind. Darüber hinaus fanden sie heraus, dass fast alle gesundheitlichen Störungen unter Gefangenen überrepräsentiert sind, so z.B. Tuberkulose, Drogenabhängigkeiten und psychiatrische Krankheiten wie Angststörungen oder Depressionen.

Weitere Informationen zum Institut für Suchtforschung unter:
www.frankfurt-university.de/isff
Mehr zum Projekt HA-REACT auf www.hareact.eu/en.

PDF: Wie kann die HIV-Ansteckungsrate in Gefängnissen reduziert werden?
Forschungsteilprojekt der Frankfurt UAS untersucht Ansätze zur Schadensminimierung bei Häftlingen