Anfrage vom Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht hat die Bundesarbeitsgemeinschaft für Straffälligenhilfe e.V. (BAG-S) gebeten, eine Stellungnahme zum Thema „Telefonieren und Resozialisierung“ abzugeben. Derzeit arbeitet die BAG-S an einer Antwort.

Darin geht es u.a. darum, welchen Stellenwert die Gefangenentelefonie für die Resozialisierung hat. Als freie Menschen können wir uns nur schwer vorstellen, was es bedeutet, ohne reguläre Medien wie Telefon oder WhatsApp zu leben und nicht ständig darauf zugreifen zu können. Während wir „hier draußen“ sogar Hotels buchen, in denen wir eine medienfreie Zeit erleben können, haben inhaftierte Menschen nur sehr eingeschränkte Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme mit ihren Angehörigen.

In Bayern haben Gefangene - nur in Fällen besonderer Dringlichkeit - die Möglichkeit, alle zwei Monate für 20 Minuten nach draußen zu telefonieren. In Zeiten der Kontaktbeschränkung, wo der Austausch hauptsächlich über Telefon oder E-Mail funktioniert, unvorstellbar. Für die Resozialisierung ist der Kontakt zu Angehörigen und bekannten Menschen sehr wichtig. Eine Stunde Besuchszeit im Monat und ein Telefonat alle zwei Monate sind dafür nicht ausreichend.

Die Kommunikation hat sich verändert: Briefe zu schreiben ist veraltet. Will man eine Antwort auf ein aktuelles Problem haben, dauert die Antwort per Post mehrere Tage. Ohne Kommunikation können Menschen per se nichts klären und vereinsamen. Ausreichende Kommunikation ist eine Voraussetzung, um das Leben eigenverantwortlich zu gestalten, Emotionales zu klären und Lebenspraxis zu erlangen.

Eine Radioreportage des Bayerischen Rundfunks (BR) veranschaulicht das Problem sehr gut. Den Link dazu finden Sie hier:

"Resozialisierung oder Desozialisierung? Wie bayrische Gefangene gegen soziale Isolation kämpfen"

Wir werden uns kritisch mit der Anfrage des Bundesverfassungsgerichtes und der Antwort zum Resozialisierungsauftrag des Strafvollzuges auseinandersetzen.